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ALMATIEN |

FEBER 1937
Nr.1 -1.JAHRG.

DEUTSCHSPRACHIGE ZEITUNG DALMATIENS

Einige Schritte hinter dem  Rektoren-
Palast, liegt ein wunderbarer Renaisance
-—— Bau. Ein Schild iiber dessen Fingangstiir
zeigt an, dass sich hier die bischof.iche Re-
befindet, Ich steige die

sidenz Treppen

ihinan bis zum zweiten Stock, Fine weisse
Tir tragt die Aufschrift »Biskupska Pina-

Dr. Josip M. Carević

koteka«. Ein schlichter Raum, es ist Saal
»i« der  bischoflichen Bildergalerie, An
einem grossen Arbeitstisch sitzt S, E. Dr.
J Carević der Bischof von Dubrovnik,

leh nehme Platz und bitte Excellenc um
Fragen, In
ihm eigenartigen Weise antwortet der Bi-
schof, er spricht wenig, seine Worte sind

Beantwortung einićer seiner

alte Meister

Ein Besuch in der bischoflichen Bildergalerie

$ewahlt und kurz jedoch  herzlich, "Seine
Ruhe, der angenehme Klang seiner Stimme,
iiberhaupt sein ganzes Wesen zieht mich

in seinem Bann. Er schidert mit beschei-

denen Worten seinen Lebenslauf, erw&hnt
wehmiit.g die  Vergangenheit und  findet
wenig gute Worte fir die  Gegenwart,

schaut aber trotzdem hoffnungsvoll in die
Zukunft;  And&chtig. lausche ich  seinen
Worten, die ich manchmal nicht zu deuten
ich erkenne, dass
Mann einer jener Menschen sein muss, de-
ren blosse Worte unserer_abwartssteigen-
den Menschheit Rettung bringen kčnnten,

verstehe; und dieser

Seine grosse — Menschenkenntnis, = seine
Erutition und nicht  zuletzt seine
Welterfahrung, ware. fir manchen

Staatsmann nutzbringend, Er aber bleibt
nur das was er ist ,,.,, eih Diener Gottes,

Auf mein Bitten fiihrt mich . Excellenc
selbst durch die Galerie. Er zeigt auf Bild
»4«»das wertvol:ste Bild meiner Sammlung,
eine Madonna von Rafael Links Bila 12
ein del Sarto. Darunter Bild »11« ein Ma-
donnenbild, der Maler ist nicht bekannt,
doch lassen alle Anzeichen auf _ Diirer
schliessen, Da sehen Sie ein Bild von
Ribera »Pieta«,y Hier unterbricht der Bi-
schof, und erzahlt wie er Bild um Bild ge-
sammelt, mit welchen Miihen_ er die ein-
zelnen Werke erworben hat und beschei-
den figt er hinzu, dass die Galerie »nur«
hundert Bilder habe, und etwas klein sei,
»Und sehen Sie«, haben
den zweiten Saal betreten, »dieses hier ist
mein = Lieblingsbild. Eine Madonna von
Andrea del Sarto. Eine himmlische Schč6n-
keitl« Seine Augen leuchten auf, schw-i-
$end steht er vor dem Bild, er betrachtet
es lange, ich hštte glauben kčnnen, er
sieht es heute zum erstenmale. Und wieder
erzahlt er, wie sehr er gerade an diesem
B.lIde h4nge. T4gich sucht er diese stillen

wir inzwischen

Ferrari: ,Der Kindermord“

Rafael:
Madonna

Raume auf, halt Zwiesprache mit seinen
Bildern, welche er liebt wie alte Freunde.

In vier Jahren hat er hier ein Kultur-
denkmal geschaffen, welches ihn und seiner
Residenzstadt Dubrovnik zur h&chsten Ehre
Serreicht.

Einige Bilder dieser »kleinen Galeri>«
um mit den Worten des Bischofs zu spre-
chen, kćnnten ihren Platz ebenso in Rom
im Louvre oder Zwinger oder in sonst
einen der grossen Museen der Welt be-
haupten.

Wir sehen hier Rembrandt, Tizian und
Rafael, Werke der Meister und deren
Schiller, Bilder aus der Tintoreto-Schule,
Finden ein Orginal von Ribera der »heilige
Franziskus«, Kommen dann zu einer Ecke,
welche der kroatische Maler Medović mit

"elf Gemalden besetzt

hat, sehen ein Bild
von Bukovac , Johan
nes der Taufer“.
Gabriel Jurkić zeigt
uns seine  ,Franzis-
kanermonche“, Čer-
mak ein Apostelbild,
erblicken das Portrat
des angesehenen ra-
gusaner Birgers A-
merling von Marko
Murat.

Wir schreiten von
Saal zu Saal, es gibt
ja soviel zu sehen.
Der  ,Kindermord“
von Ferrari und die
. Geburt Christi“ von
Bronsini — erwecken
unser lInteresse. Und
wieder kommen mo-
derne Maler, der
Rundgang will gar
kein Ende_nehmen.

Eine Augenweide
ist der Festsaal der
Galer'e, welcher_im
Stle Ludwigs
des XIV, XV und
XVI gehalten ist und
der  schonste und
stilvollendetste Saal
Dubrovniks sein
dirfte.

Zum Schluss un-
Besichtigung
wird es mir erst klar

serer

no ore e na.

warum eigentlich der Bischof diese Galerie _ ge
schaffen hat. In alten Kapellen und Kirchen,
von der grossen Welt unbemerkt, hšngen
Bilder grosser Meister. Der Dorfpfarrer erklart
zwar dem Fremden, dass in der Kirche uralte
Bilder sind aber auch der Fremde betrachtet
eben nur das ,alte Bild“ und sagt etwa ,schon,
sehr alt“. Und wenn dann_Dr. Carević durch
irgendeinen Zufal von solchen B:ldern Kenntnis
erlangt, dann scheut er weder Mittel noch
Miihen, er macht sich einfach auf dem Weg,
fhrt mit Segelboot oder Barke und wenn _ es
sein muss, geht der Herr Bischof auch zu Fuss.
So hat er im Laufe
Bilder, Werke grosser Meister, vor dem sicheren

der Zeit vele wertvolle

Verfall gerettet _und der _Nachwelt erhalten.

Ohne jede finanzielle Hilfe, auf eigene Mittel
angewiesen, hat er seine Pinakotek geschaffen

*e