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“ GESTERN - HEUTE - MORGEN >

Man mag Dubrovniks Bild in sich aufneh-
men, wie man will; Ob man von Norden
her durch das Doppelportal des Piletores
die Stadt betritt, in der jeder Stein, jede
Hi4userzeile Geschichte atmet — Ob man
von Siiden her mit dem Dampfer sich den
gewaltigen Mauern n&hert, die stolz und
fest aus den meerumspiilten Felsen auf-
wuchten und im Glanz der Morgensonne
die Erinnerung an die kindlich fantasti-
schen Vorstellungen der Mi&rchenstidte in
uns wachrufen — Oder ob man vom weis-
sen Kreuz auf der H6he des Srdjberges auf
das Zauberbild des Stadt hinunterschaut,
die ihnesgleichen in Geschichte und Gegen-
wart sucht — Es wird wohl niemand geben,
der nicht iberwaltigt stande vor dieser
Symphonie von Kraft und Sch6nheit! Und
unwillkirlich drangt es sich voll Bewunde-
rung auf die Lippen: »Du Diamant in der
strahlenden Reihe dalmatinischer  Stadte-
wunder!«

Es gibt Stadte, die man ihrer Geschichte
wegen schatzt; die man still, den beschrei-
benden Stadtplan in der Hand, forschend
durchstreift, Und im Schauen wandern die

Augen nach innen, denn die Gegenwart

ORIGINAL se
Sire STOFFE

.ČESKI MAGAZIN“

Dubrovnik / 5 Schritte v. der Hauptstrasse

versinkt vor dem Verwehten, dem Ge-
strićen.

Stadte gibt es, deren  offensichliche
Anmut und Schonheit keines Fiihrers be-
diirfen; die von sich aus auf das Auge wir-
ken und nur vom schonheitsdurstigen Auge
verstanden werden wollen, denn einzig in
ihrer_ landschaftlichen Schonheit liegt ihr
Reiz,

Doch das  Erlebnis — Dubrovnik = ist
schwer! Schwer, weil man cb seiner be-
zaubernden Schčnheit der Gegenwart sich
mit allen Sinnen dem Erleben dieser ewig
alten, ewi$ jungen Stadt hingeben und im
bewundernden  Schauen sich = verlieren
mochte! Schwer auch, weil die ungeheure
Vielialt seiner Geschichte und der ge-
schichtlichen Statten den Neuank&mmling
so verwirren, dass er vorerst gar nicht
weiss, wo er beginnen, und was er als
Schčnstes unter soviel Sch&nem  bevorzu-
gen soll!

Man muss Dubrovnik eigentlich zweimal
sehen: Einmal unter orts- und geschichts-
kundiger Fihrung, die dem Besucher den
$rossen Uberblick vermittelt, und wie sie
das Reisebiiro »Putnik« standig veranstal-
tet. Dann geniesst man beim zweiten Mal
allein fiir sich mehrere Tage, reich an ma-
jestatisch Sch&nem und Erhebendem und

Milchbrot

Alle Sorten Keks

Weiss- und Seheralenkski

P.u.F. VOJVODIĆ

Dubrovnik / UI. Kraljice Marije

voll des Zaubers, den nur diese einmalig

herrliche Stadt zu bieten vermag.

Bei der Rickkehr in die Heimat tragt
man dann ein Bild im Herzen, dessen man
sich immer wieder gern beim Lesen dieser
Zeilen erinnern wird; «ein Bild, gewoben
aus Jahrhunderte iiberwindender Krait und
geschichtlicher Grosse, aus baulicher Sch6n-
heit und siidlichem Bliihn — das untermalt
ist vom tiefen Blau der unbezwinglich
lockenden Adria, und iiber dem vom un-
wahrscheinlich heiteren Himmel jene Son-
ne lacht, die schon so vielen Gesundheit
und Freude brachte: Die Sonne iiber_Du-
brovnik, der Krone der dalmatinischen
Stadte!

JEK E

Flichtlinge, die der Krieg der Heimat
beraubt, wurden die Ahnen des Ragusaner
Adels, Ein kleines Felseneiland, vom Fest-
lande durch einen schmalen, schiitzenden
Kanal getrennt, gab den in Eile errichteten
Notwohnungen Raum, aus denen diese
prachtige Stadt entstand, und das Jahr 636
nach unserer Zeitrechnung, in dem das
siidlich gelegene Cavtat, die »Altstadt«, der
Kriegsfuria zum  Opfer fiel, wurde das
Griindungsjahr der neuen Stadt Ragusa,

Diese  Flichtlinge, Gr&ko-Illyrier_roma-
nischer Kultur, organisierten ein  straffes
Gemeinwesen, das sich rasch bei den um-
liegenden Gemeinden Geltung  verschaffte,
Schon 847—48 war die Stadt stark genug,
um erfolgreich die Belagerung durch die
Sanazenen auszuhalten,  Verschlossen dem
Feind, offneten sich die Tore bereitwillig
dem Bedrangten, 870 (690 nach Dolci) fand
der von den Bulgaren verfolgte Fiirst Pa-
vlimir mit seinem Gefolge herzliche Auf-
nahme, und so vermischte sich zum ersten

Male griechisch-romisches mit  slavischem
Blut,
Unter dem Schutz der byzantinischen

Kčonige wuchs die Stadt an Bedeutung und
Handelst&tigkeit, und gleichzeitig mit dem
Emporkommen des jungen Staates regten
sich die machtigen Nachbarn und Neider,
Aber trotz mehrfacher Versuche des an
militarischer Macht bedeutend iberlegenen

Hell hebt sich
aus den blauen
Fluten die
Krone
dalmatinischer
Stadte:
Dubrovnik!
fis.

»Jadran« Bilder

Venedig gliickte es ihm nicht, die Stadt zu
erobern,

Der Beginn des 13. Jahrhunderts brachte
den  Zusammenschluss  Ragusas mit den
Slaven, die in der Siedlung Dubrava jen-
seits des Kanals auf der Festlandseite
wohnten, (Von  »Dubrava« = Waldchen
leitet sich auch der heutige Name »Du-

Filieran.Schmuck
JO zip KA iL ić

DUBROVNIK

gegeniiber der Franziskanerkirche

brovnik« ab). 1272 wurde der Kanal aulf-
$eschiittet und die neue Gemeinde mit fe-
sten, gemeinsamen Mauern umwehrt; die
Verwaltung blieb aber in Handen der alt-
ragusaner Patrizier,

Nach dem  Verfall des byzantinischen
Reiches stand Ragusa vertragsmassig unter
dem Schutz Venedigs; doch blieb die Frei-
heit und Integritat Ragusas unangetastet,
1358 machte sich die Republik endguiltig
von Venedig frei und nutzte in kluger Wei-
se die Rivalitat Venedigs und Ungarns um
die Vormachtstellung im  Adriaraum aus.
Um aber vollkommen sicher zu gehen,
schloss sie mit der Tirkei einen Vertrag,
der Ragusa jedes Jahr 12.000 Golddukaten
kostete, ihm aber zur Erhaltung seiner
Freiheit einen starken Rickhalt bot.

So, im Schnittpunkt venezianisch - romi-
scher und byzantinisch-griechischer Kultur,
an der Grenze des christlichen Abend —
und des mohamedanischen Morgenlandes,
in der Kampfizone der um die Vorherr-
schaft ringenden Ma&chte und Ideen behaup-
tete Ragusa nicht nur seine Unabhangis-

keit, sondern wurde bald auch der fiihrende
Vermittler im Handel des Balkans mit den
ibrigen  Mittelmeerlindern, Seine  Flotte
befuhr die ganze damals bekannte Welt,
In diese Zeit seines Hochststandes an poli-
tischer und  wirtschaftlicher  Macht falit
auch seine hochste Bliite an sozialer Wohl-
fahrt und kiinstlerischer Entfaltung.

Die Entdeckung Amerikas und die damit
bedingte Ablenkung des Handels aus der
mittelalterlichen  Interessensph&4re  erschiit-
terte die wirtschaftliche Machtstellung Ra-
$usas. Dazu kam dann das katastrophale
Frdbeben am 6. April 1667, das den gross-
ten Teil der Stadt in Triimmer legte und
Tausenden Menschen das Leben kostete.
Das 4ussere Stadtbild wurde zwar wieder
aufgebaut, aber Ragusas Gr6sse und Bli-
tezeit war endgiltig vorbei.

Zu Anfang des 19, Jahrhunderts wurde
das Staatsgebilde, das sich iiber 1000 Jahre
zah und tapfer aus kleinen Anfangen em-
porgearbeitet und eine solch beachtliche
Bedeutung  erlangt hatte, von Napoleon
vernichtet, Er nahm der Stadt ihre Unab-
h&4ngigkeit und ruinierte sie finanziell voli-
kommen. 1814 nahmen die Englander Ra-
gusas Flotte weg, die Sv. Vlahos Banner
Jahrhunderte lang so stolz und mutig iber
die Meere getragen, und der Wiener Kon-
$ress machte die freie Republik zur Pro-
vinzstadt im sidlichen Teil der Donau-
monarchie,

Die ersten Jahre nach dem  Weltkrieg,
dessen Beendigung Dubrovnik zu Jugosla-
vien brachte, gingen wie eim  langsames,
tastendes Erwachen vorbei, Dann schiittelte
die Stadt die Zeit wie einen langen Dorn-
roschenschlaf ab. In der ganzen Pracht
ihrer mittelalterlichen Schonheit, wie eine
zeitlos edle Blume, die stehend  verdorrt
und _iber die  Jahrhunderte hinweg ihre
konigliche Haltung, ihre Anmut und die
klensten,  zartesten = Bliitenblatter  ihnes
Kelches unversehrt bewahrte — so liegt
sie nun in wachem Tr4umen inmitten der
lebenden, ewig wechselnden Natur. Diese
Mischung der Gegensitze von ehrwirdigem
Alter und frohlich bejahendem  Jungsein,